Schreibe dein eigenes Drehbuch


Gibt es einen bestimmten Aspekt oder ein Ereignis in deinem Leben, dass dir immer noch Bauchschmerzen, Kummer und Leid verursacht und dessen Handlung immer wieder, wie ein Film, vor deinem inneren Auge abläuft?



Sofern das zutrifft, ist es notwendig das Drehbuch der Geschichte, die auf deiner inneren Leinwand abgespielt wird, besser zu durchleuchten, zu verstehen und gleichzeitig zu ergründen, weshalb sich dein mentales Selbst auf diese Weise an den Verlauf deines inneren Films klammert.

 

Meist beziehen sich die schmerzvollen Drehbücher, deren Verlauf unser mentales Selbst projiziert, auf Lebensstationen und Ereignisse, die eng mit bestimmten emotionalen Zuständen, wie beispielsweise dem Gefühl des Getrennt- oder Betrogen-Seins, des Abgelehnt-, Nicht-Beachtet- und Vernachlässigt-Werdens, der Isolation, des Verlassen-Seins sowie der Einsamkeit, verknüpft sind.

 

Diese Handlungsstränge zu erforschen, ihre verborgene Botschaft sowie den Plot dahinter zu verstehen, ist ein Akt der Liebe zu dir selbst. Zudem erweiterst du deine Selbstwahrnehmung über die Aspekte, die sich emotional in deinem Inneren abspielen. Dadurch schaffst du mehr Bewusstheit, Klarheit und Sicherheit darüber, was dich innerlich bewegt aber auch wie und wodurch es bewegt wird.

 

Dies ist der erste Schritt zu deiner eigenen Gesundung und Wiedervereinigung. Gerade deshalb ist es so wichtig, dass du dir dafür die dafür nötige Zeit nimmst. Das Ziel dabei ist, die emotionalen Vorgänge in deinem Inneren besser zu verstehen und einzuordnen, um sich danach wieder von ihnen zu lösen.

 

Beobachte die Vorführung deines Kopfkinos und die Handlung der darin vorkommenden Akteure und Darsteller stets mit deinem ganzen Mitgefühl. Stelle die Linse deiner liebevollen Anteilnahme und Aufmerksamkeit auf Unendlich. Dadurch wirst du die entscheidenden, wesentlichen Elemente, Details und Aspekte des Schauspiels genauer, schärfer, präziser und aus einer übergeordneten Perspektive erkennen und wahrnehmen.

 

Bleibe währenddessen gegenwärtig und sei auf der Hut. Versuche auf keinen Fall den Handlungsverlauf im Nachhinein auszuschmücken, aufzublähen und mehr aus dem zu machen, als tatsächlich vorgefallen ist, da sonst die Gefahr besteht, dass du negativen Gefühlen mehr Raum zu ihrer Entfaltung gibst als nötig und sie dadurch nur verstärkst.

 

Bedenke dabei, dass es zur Erschaffung von negativen Gefühlen, wie z.B. Schmerz oder Leid, drei Wege gibt:

 

1. Schmerz, den du bei jemanden anderen wahrnimmst.

 

2. Schmerz, den du anderen zufügst.

 

3. Schmerz, den du dir selbst zufügst. 

             

Sei dir dieser drei Möglichkeiten ganz bewusst, während du dem Verlauf deiner Geschichte folgst. Erforsche für dich wo, warum, wie und weshalb du die Wahl getroffen hast, bis heute an deiner Story festzuhalten.

 

Habe den Mut die Verantwortung für den Verlauf deiner Geschichte zu übernehmen. Wenn du beispielsweise wütend und vorwurfsvoll bist, ist der erste Schritt eben dies wahrzunehmen - nämlich, dass du wütend und voller Vorwürfe bist. Wenn du dem Handlungsstrang deiner Geschichte folgst, ohne deine Gefühle dabei Wahrzunehmen, ohne die feste Absicht, mehr Bewusstheit darüber zu erlangen aber auch zuzulassen, dann werden sich deine inneren Wunden eher noch verhärten - und das ist ja genau das, was wir vermeiden wollen, stimmt´s?

 

Erlange Klarheit darüber, was dein inneres Selbst dir über dich selbst und andere mitteilen möchte, nur dann kannst du die Veränderung herbeiführen, die du dir wünschst. „Aus den Augen aus dem Sinn“, ist dabei kein zielführender und hilfreicher Leitsatz, um dich bei deiner inneren Gesundung zu unterstützen.

 

Schmerz zu erleben und zu ertragen, gehört zu den elementarsten Erfahrungen, die jeder irgendwann machen muss. Jeder von uns hat einmal Schmerz gefühlt oder wird diese Erfahrung noch machen. Es ist eine existentielle Erfahrung, die einfach im Menschsein als solchem begründet liegt. Es steckt praktisch in der Natur der Sache. Je öfter wir selbst mit dieser Erfahrung in Berührung kommen, umso leichter wird es uns fallen, diese emotionale Qualität bei anderen nachzuvollziehen und zu verstehen. Auf diese Weise erschaffen wir echtes „Mit-Gefühl“.

 

Obwohl das erneute Durchleben bestimmter Begebenheiten schmerzvoll ist, nimmt der Grad unserer Freiheit zu, sobald wir die Handlung unsers Drehbuchs umschreiben, unseren Blickwinkel dabei auf die gegenwärtige Position verschieben und eine höhere Perspektive einnehmen.

 

Unser inneres Selbst wird zunächst versuchen, uns möglichst glaubhaft eine bestimmte Variante der tatsächlichen Begebenheit vorzugaukeln. Eine Version, die schon deshalb nicht der Wahrheit entspricht, weil sie nur aus einer einzigen subjektiven Perspektive heraus erzählt wird. Je nach dem welcher Blickwinkel von uns als Betrachter eingenommen wird, ist sie aber nur eine von vielen möglichen Versionen.

 

Sobald wir jedoch die Positionen wechseln und aufmerksam versuchen das ganze Bild, mit einer Art „360°-Panoramahubschrauberblick“ abzuscannen und zu erfassen, erkennen wir das volle Ausmaß der Situation. Zugleich werden wir uns dabei der Erfahrungen aller Beteiligten aber auch der eventuell zugefügten, emotionalen Wunden bewusst. Dabei führt das Bewusstwerden über den eigenen Schmerz zur Bewusstwerdung über den Schmerz der anderen. Dies öffnet das Tor zu unserem Herz sowie zu unserem inneren Vermögen, durch das nun alle anderen menschlichen Erfahrungen ungehindert fließen können. Anderseits schließt es zugleich dauerhaft die schmerzhafte Lücke des Getrenntseins zwischen Innen und Außen.               

 

Übung: Schreibe dein eigenes Drehbuch

 

Setze deine Stoppuhr auf 10 Minuten und schreibe die Geschichte auf, die in Bezug zu einem Ereignis oder einer Erfahrung steht, die dich jetzt gerade am meisten beschäftigt.

 

Da du dir sicher sein kannst, dass dies ein intimer, privater und geschützter, nur für dich einsehbarer Ort ist, kannst du es dir und deiner Geschichte erlauben, sich ganz frei und unbeschwert zu entfalten.

 

Hier ein paar Tipps, die dich bei diesem Prozess unterstützen sollen:

 

Es ist völlig egal auf welche Art (handschriftlich auf einem Blatt Papier als Skizze oder Zeichnung, etc.) und wie du deine Geschichte schreibst. Lass sie einfach herausfließen, ohne dich selbst zu zensieren, zu limitieren, oder zu korrigieren. Sei dabei möglichst aufmerksam und gegenwärtig. Lese dir deine Geschichte laut vor, sobald du fertig bist und achte dabei ganz besonders auf die Qualität der emotionalen Muster und Gefühle, die dabei in deinem Geist auftauchen und an welchen Stellen in deiner Geschichte sie ausgelöst werden. Du brauchst weiter nichts zu tun, als zu beobachten, wie dein inneres Selbst auf die Geschichte reagiert, während du sie dir selbst vorliest.  

 

Beginne mit:

Die Geschichte, die ich mir in diesem Augenblick selbst erzähle ist: ______________________________________________________________

 

Im Anschluss daran schreibst du deine Geschichte einfach neu. 

Stelle dir jedoch zuvor die folgenden Fragen:

  • Bin ich bereit dazu, dass mit dem Ereignis verbundene, belastende Gefühl und den damit assoziierten Schmerz, loszulassen?
  • Auf welche Weise kann ich jetzt mehr Bewusstheit und Mitgefühl in meine Geschichte einfließen lassen?
  • Kann ich akzeptieren, was mir in der Vergangenheit zugestoßen ist und es heute aus einer anderen Perspektive sehen?
  • Bin ich fähig, mich und andere jetzt in einem neuen Licht, aus einem neuen Blickwinkel zu sehen?

Setze nun die Stoppuhr erneut auf 10 Minuten und schreibe nun deine neue Geschichte auf. Dieses Mal aus einem aktuellen, gegenwärtigen Standpunkt heraus. Starte mit:

 

Der neue Verlauf der Geschichte, die ich mir selbst erzählen möchte, ist:

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